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4. Adar

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Vertrauen

„Er wird uns in eine Falle schicken.“ raunte Jaret Byar ihm von der Seite her zu. Offenbar glaubte er, nicht gehört worden zu sein, aber Galad wusste es besser.

Der kräftige Mann mit dem sauber gestutzten Vollbart und dem Hammer an seiner Seite richtete sich fast unmerklich auf. Offenbar war sein Gehör tatsächlich etwa so fein, wie das eines Wolfs, auch wenn er es selten zeigte. Dennoch blickte der Mann nicht herüber, sondern sagte nur leise etwas zu der Frau an seiner Seite. Das war schon ein ungewöhnliches Paar: Ein Schmied von den Zwei Flüssen, der nicht nur fast ein Wolf zu sein schien, sondern außerdem noch Ta'vaeren war, und eine hochrangige saldaeanische Adelige, die nach allem, was er über Saldaeas gegenwärtige Königin wusste, eines Tages den Thron besteigen würde. Es war schon eine seltsame Welt, in der sie lebten.

„Warum sollte er?“ gab er an Jaret gewandt zurück. „Natürlich hat er uns nicht alles gesagt, aber wie könnte er das auch tun? Dafür, dass ich ihn erst vor wenigen Tagen getroffen habe, war er erstaunlich offen. Und bedenkt, welche Unterstützung er für uns gegen die Schattenhunde leistete, und vor allem, welchen Vorteil er für uns aufgibt. Uns einen seiner Asha'man zu überlassen, ist ihm sicher nicht leicht gefallen, schließlich wachsen die nicht auf Bäumen, Kind Byar. Nein, ich vertraue Perrin Aybara und auch wenn ich nicht weiß, warum, scheint er auch mir zu vertrauen.“ Der Blick dieser gelben Augen war zuerst recht beunruhigend gewesen, aber bald hatte er erkannt, dass es Neugier war, die darin lag.

„Wir sollten wenigstens neue Männer rekrutieren. Nicht weit östlich von hier lagern an die hunderttausend Menschen, es müssen doch welche dabei sein, die gewillt sind, für das Licht zu streiten!“ Es war nicht das erste Mal, dass Jaret diesen Vorschlag machte, und genauso war es nicht das erste Mal, dass er ihn ablehnte.

„Die meisten von ihnen sind noch zu mitgenommen von ihrer Gefangenschaft bei den Shaido.“ erklärte er erneut. „Und die, die nicht nach Hause zurückkehren wollen und halbwegs in der Lage sind, ein Schwert zu schwingen, haben sich bereits Aybara angeschlossen.“

„Nach dem, was ich über die Schlacht gegen diese Shaido gehört habe, würde sogar ich mich lieber ihm anschließen, wenn ich an ihrer Stelle wäre.“ Dain Bornhald ließ nicht erkennen, ob er das gut oder schlecht fand. Galad vermutete, dass der Mann im Gegensatz zu Jaret den Erklärungen Aybaras Glauben schenkte. Zumindest zum Teil.

„Und außerdem“ fügte Trom hinzu „sind die Verbliebenen zu schlecht oder garnicht ausgebildet. Ich jedenfalls möchte lieber an der Seite von erfahrenen Soldaten in den Kampf ziehen und nicht neben unerfahrenen Grünschnäbeln, über deren wahre Gesinnung ich nichts weiß.“

„Dann lasst es uns endlich hinter uns bringen, wenn es schon sein muss.“ gab Byar mürrisch zurück

Bevor doch noch ein Streit ausbrechen konnte, war es wirklich besser, wenn sie unverzüglich aufbrachen. Er gab Fager Neald ein Zeichen und nur einen Augenblick später öffnete sich mit einem hellen Lichtblitz ein Rechteck in der Luft, hinter dem eine in grauen Nieselregen getauchte Wiese zu sehen war. Abgesehen vom Wetter war die Ähnlichkeit mit der Landschaft, in der sie sich befanden, geradezu verblüffend. Es wirkte fast, als führe dieses Tor in eine andere Welt. Rasch verscheuchte er diesen närrischen Gedanken, es war nur eine ungewöhnliche Anwendung der Einen Macht, nichts weiter! „Trom, gib das Zeichen zum Abmarsch.“ Diesem Befehl wurde augenblicklich Folge geleistet und wenig später ritten die ersten Kinder durch das Tor. „Ihr beide begebt Euch zu euren Männern.“ Bevor Dain oder Jaret protestieren konnten, hob er energisch eine Hand. „Das war ein Befehl Eures kommandierenden Lordhauptmanns.“ stellte er ruhig fest. Erst jetzt zogen die beiden sich mürrisch zurück, wobei sie es nicht unterließen, Aybara misstrauische Blicke zuzuwerfen. Nun, auch Dain hatte nach wie vor seine Zweifel.

Galad kümmerte sich jedoch nicht darum, sondern schritt gelassen auf den Gegenstand ihres Ärgers und Misstrauens zu. Obwohl Aybara ihm den Rücken zugewandt hatte, wandte er sich schon nach dem ersten Schritt in seine Richtung zu ihm um. Mit Sicherheit hatte er jedes Wort ihrer Unterhaltung verfolgt. Gelassen beobachteten dessen gelben Augen, wie er nähertrat, während auch die übrigen verstummten und sich ihm ebenfalls zu wandten.

Er teilte das Unbehagen der anderen Kinder nicht, was Aes Sedai betraf, aber trotzdem machten ihn diese drei nervös. Vor allem, weil sie selbst die ganze Zeit so nervös wirkten. Der eine Grund dafür, oder zumindest ein Teil davon, stand mitten vor ihnen und hieß Nandera. Die Weise Frau der Aiel begegnete ihm zwar stets eher kühl, wirkte aber hier wie seinerzeit auf dem Schlachtfeld völlig unerschütterlich. Und das, obwohl der zweite Grund für das Unbehagen der Aes Sedai keine vier Schritte entfernt stand, der zweite Asha'man namens Jur Grady. Letzterer war sichtlich froh gewesen, nicht an Nealds Stelle ausgewählt worden zu sein, sie zu begleiten. Diese Geschichte mit dem Todesurteil mochte durch sein Wort als kommandierender Lordhauptmann ja offiziell der Vergangenheit angehören, aber dennoch gab es auf beiden Seiten noch starkes Misstrauen. Keinem von Aybaras Begleitern gefielen die feindseligen Blicke, die ihn auch jetzt noch von einigen der Kinder trafen, die in Zweierreihen auf ihren Pferden durch das Tor verschwanden.

Zu diesen Begleitern gehörten zu diesem Anlass auch Alliandre, die Königin Ghealdans, welcher ihr Heerführer Arganda seit ihrer Befreiung nicht von der Seite wich, sowie die Erste von Mayene, die ihrerseits vom grauhaarigen aber auch kampferfahren wirkenden Gallenne flankiert wurde. Er hatte lange genug mit den beiden Männern gesprochen, um zu wissen, dass Alliandres Mann eindeutig der taktisch geschicktere und auch besonnenere war. Gallenne wusste, wie man kämpfte, aber wie man Kämpfe vermeiden oder umgehen konnte, davon hatte der Mann nicht die geringste Ahnung. Natürlich waren das nicht alle, die in der Nähe standen. Eine bunte Mischung aus Adeligen und Dienern schwirrte zusätzlich um Perrin Aybara herum. Erstaunt erkannte er zum ersten Mal, dass der Mann geradezu von einem Hofstaat umgeben war wie ein König. Seltsamerweise wirkte er dabei nicht einmal fehl am Platz.

„Lordhauptmann“ wandte sich Faile Bashere als erste mit einem Lächeln an ihn „verläuft alles zu Eurer Zufriedenheit? Ich hoffe wirklich, dass Ihr viele der Kinder des Lichts aus ihrer Gefangenschaft befreien könnt.“

Kaum hatte die beeindruckende Frau, die wirklich beinahe wie ein Falke wirkte, den Mund geschlossen, da verkündete die Erste von Mayene: „Sicher wird es schwer werden, mit den Seanchanern zurecht zu kommen, daher habe ich beschlossen, Euch auf dieser gefährlichen Mission zu begleiten.“ Ein offenes Lächeln folgte. „Natürlich nur, wenn Ihr nichts dagegen habt, Lordhauptmann.“

Das war tatsächlich ein verlockendes Angebot und kam für ihn völlig überraschend. Für einen Moment glaubte Galad, die Frau wolle auf ihn zutreten, aber dann warf sie nur Faile einen scharfen Blick zu. Wenn diese allerdings einen Kommentar abgegeben hatte, dann hatte er ihn nicht hören können. Für Aybara galt das offenbar nicht, denn auf dessen Lippen zeigte sich kurz der Hauch eines Lächelns. Er hatte mit beiden genug Zeit verbracht, um festzustellen, dass sie sich nicht besonders mochten. Da es sich bei den Mayenern um erfahrene Soldaten handelte, wären sie in Amador durchaus nützlich, überlegte er dann. Aber es war unverzichtbar, dass Gallenne seinen Befehlen strikt folgte, wenn sie Erfolg haben wollten. „Eure Männer werden meinen Anweisungen Folge leisten, Erste?“ fragte er deshalb sofort.

„Das werden sie ganz gewiss, Lord Galad.“ kam es mit einem noch herzlicheren Lächeln zurück. „Meine Männer und ich stehen zu Eurer Verfügung.“ Ausgezeichnet, das verbesserte ihre Chancen enorm.

„Dann wird es mir eine Ehre sein, wenn Ihr mich begleitet, Erste.“ gab er folglich dankbar zurück und nickte ihr freundlich zu.

„Vergesst Ihr dabei nicht etwas?“ wandte Annoura sich energisch an Berelain, welche sie daraufhin kühl musterte. „Ihr habt dem Wiedergeborenen Drachen den Gefolgschaftseid geleistet, oder habt Ihr das schon vergessen? Er erwartet von Euch, Lord Perrin zu unterstützen.“ Fast schien es, als wollte die Aes Sedai noch etwas hinzufügen, und auch wenn sie es nicht tat, schien die Erste dennoch mehr aus diesen Worten herauszuhören, als offensichtlich war. Sie wirkte leicht ungehalten, aber bevor sie etwas antworten konnte, mischte sich Perrin Aybara ein.

„Nein.“ sagte er ruhig, aber deutlich. „Rand wird nichts dagegen haben, dass Berelain den Lordhauptmann begleitet.“ Es war schon seltsam, wie dieser Schmied jeden manchmal respektvoll mit seinem Titel ansprach und dann wieder nur den Vornamen verwendete. Auch ihn selbst nannte der Mann meistens gedankenlos einfach nur „Galad“. Sicherlich war das seiner einfachen Herkunft zuzuschreiben, aber er vermutete, dass andere darin verschleierte Absichten sahen. Sowohl die Erste, als auch Lady Faile musterten Aybara, als wüssten sie, warum er dieser Meinung war. Die im Sonnenlicht golden funkelnden Augen blickten fest in seine eigenen und er glaubte selbst zu wissen, warum der Mann sich in diesen gefährlichen Zeiten von so vielen erfahrenen Soldaten trennte: Aybara vertraute ihm. Galad hatte dafür zwar keine Erklärung, aber er war sich dessen trotzdem sicher. Er konnte nicht aufhören, sich darüber zu wundern, warum das so war.

Annoura jedenfalls schien weitere Einwände erheben zu wollen, aber sowohl Aybara als auch die Erste hoben zugleich eine Hand und sie schloss den Mund wieder. „Ich überlasse Euch die Entscheidung.“ sagte Aybara ruhig. Er hatte seinen Blick nicht einen Moment abgewandt.

„Ich habe bereits zugestimmt, Lord Perrin. Ich kann jeden kampferfahrenen Mann gut gebrauchen, der mich begleiten will.“ Es überraschte ihn immer wieder, wie wenig Aufmerksamkeit andere seinen Worten schenkten, aber er war es inzwischen auch gewohnt. Es schien andere stets zu überraschen, dass er tatsächlich meinte, was er sagte. Manchmal fragte er sich, ob andere überhaupt je darüber nachdachten, was sie von sich gaben. Natürlich galt das nicht für Aes Sedai. Die würden kein Wort sagen, das sie sich nicht dreimal überlegt hatten, genau wie diese Weisen Frauen der Aiel.

„Dann ist es entschieden.“ stellte Aybara fest. „Damit bleibt mir nur noch, Euch viel Glück zu wünschen, Ihr werdet es brauchen. Und gebt auf Euch acht.“ Er wirkte wirklich ernsthaft besorgt.

„Danke, und das werde ich. Auch Euch viel Glück, Perrin Aybara. Möget Ihr stets im Licht wandeln.“ Nachdem sie sich ernst zugenickt hatten und er den übrigen, besonders der verehrten Lady Faile, Lebewohl gesagt hatte, wandte Galad sich mit einer leichten Verbeugung an die Erste. Die Kinder waren, von einer kleinen Nachhut abgesehen, bereits durch das Tor verschwunden. „Wir sollten jetzt aufbrechen, Berelain.“ Licht!, er konnte sich an keine Gelegenheit erinnern, bei der ihm ein solches Missgeschick passiert war! Jetzt übernahm er auch noch selbst die rüpelhaften Manieren des Schmieds. „Bitte verzeiht, Erste, ich wollte nicht...“

Das Lächeln der Ersten wankte nicht, sondern schien sich noch zu verstärken, als sie ihm unterbrach. „Nicht doch, Lordhauptmann. Tatsächlich bestehe ich darauf, dass Ihr mich ab sofort nur noch bei meinem Vornamen nennt. Schließlich werden wir jetzt gemeinsam reisen.“ Mechanisch bot er ihr seinen Arm, als sie sich an seine Seite schob. Gallenne wirkte nicht begeistert, folgte ihnen aber klaglos, als sie auf ihre Pferde stiegen. Auf sein Signal hin folgte ihnen auch die Geflügelte Garde, offenbar hatte die Erste bereits entsprechende Befehle ausgegeben. Er glaubte, den bohrenden Blick Annouras im Rücken zu spüren. Natürlich würde sie nicht mitkommen können, weil es für sie zu gefährlich war.

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Schweigend blickte sie Galad und Berelain nach, als sie – dicht gefolgt von Gallenne und den restlichen Mayenern – zum Tor trabten und dann verschwanden. Seltsamerweise lagen Perrins Blicke wie so oft nachdenklich auf Galad und nicht auf der Ersten, wie sie durch einen Seitenblick feststellte. Sie war froh, die verdammte Frau endlich los zu sein, und sicherlich erging es ihrem geliebten Mann nicht anders, aber dennoch war es anscheinend der neue kommandierende Lordhauptmann, der ihn wirklich beschäftigte.

„Was ist an ihm so besonders?“ hauchte sie. Niemand außer Perrin würde sie hören können.

Sicher, der Mann sah gut aus, – verboten gut, um genau zu sein – und war intelligent. Er war ruhig und überlegt, dabei unerschrocken und selbstsicher. Er hatte Perrin zumindest eine teilweise Aussöhnung mit den Weißmänteln gebracht. Und dennoch: Nichts schien das große Vertrauen erklären zu können, das Perrin ihm von Beginn an entgegengebracht hatte.

Als sie sich schon fragte, ob er sie überhaupt gehört hatte, gab er leise zurück: „Sie ist ihm völlig gleichgültig, er will nur die Mayener.“ Natürlich war klar, wer gemeint war, aber sie spürte einfach, dass das nicht alles war.

„Warum hat er sie dann beim Vornamen genannt?“ wollte sie skeptisch wissen.

„Ein Versehen. Vielleicht sogar mein Ta'vaeren, er war jedenfalls selber sehr überrascht darüber.“

So ein Versehen war vielleicht tatsächlich untypisch genug für Galad, um Ta'vaeren als Ursache zu haben. „Was ist an ihm so besonders?“ hauchte sie erneut. „Abgesehen davon, dass sie ihm egal ist.“ fügte sie mit einem leichten Lächeln hinzu. Es war gut zu wissen, dass sie sich in Galad nicht getäuscht hatte

Wieder schwieg er eine Weile, aber diesmal sah er ihr ernst in die Augen. „Ich könnte mich irren, Faile, aber wenn ich mich nicht irre, ist es zu gefährlich, es irgendjemandem zu sagen. Sogar Dir. Besonders Dir, Faile.“ Nach diesen leisen Worten, blickte ihr geliebter Perrin wieder zu den Mayenern, die auf ihren Pferden nach und nach verschwanden. Er drückte sie fest an sich, aber diesmal glaubte sie nicht, dass er um sie besorgt war. Er machte sich anscheinend echte Sorgen um Galad. Warum bloß?

Da niemand das Schweigen brach, konnte sie noch eine Weile darüber nachgrübeln, aber sie kam zu keinem Ergebnis.

Schließlich verschwand das Tor und in Perrin kam wieder Bewegung. „Wir sollten uns auch auf den Weg machen. Im Nordwesten gibt es einen geeigneten Lagerplatz, den wir vor der Dämmerung erreichen können.“ Sicher hatte Schattenschwester einen guten Platz gefunden, aber besser als dieser hier war er wohl kaum. Nachdem die Getöteten Weißmäntel längst beerdigt waren, gab es nichts mehr, was dagegen sprach. Sie bezweifelte, dass er es gut aufnehmen würde.

„Einige wollen hier bleiben.“

Ihr Mann musterte sie überrascht. „Hier bleiben?“

„Es gibt hier genug frisches Wasser.“ erklärte sie. „Die kleine Erhebung dort ist ideal für eine Besiedelung. Der Wald bietet genug Wild und Holz und er ist auch groß genug, dass sich das nicht so schnell ändert. Außerdem gibt es in der Nähe einige kleinere Siedlungen, die ein wenig Handel erlauben.“

„Tarmon Gaidon wird nicht mehr lange auf sich warten lassen und diese Leute wollen sich einfach irgendwo niederlassen und garnichts tun?“ wollte Perrin grimmig wissen.

„Sie sind müde, Perrin. Sie sind keine Soldaten, sonder Weber, Tischler, Glaser, … Schmiede.“ Ihr Mann war kein Freund langer Worte, aber sie glaubte, ihn damit überzeugen zu können. Sie erinnerte sich gut daran, wie er in Tear selbst als Schmied gearbeitet hatte, und sie wusste, dass er eigentlich nichts anderes lieber tun wollte.

„Wie viele?“ wollte er schließlich wissen.

„Etwa die Hälfte der befreiten Gai'schain, schätze ich. Viele wollen lieber nach Hause zurück und mindestens ebenso viele wollen Dir folgen, wohin Du auch gehst.“

Perrin seufzte traurig. „Ich bin auch müde.“ murmelte er und fasste unbewusst nach dem Hammer an seiner Seite. Sie wusste nur zu gut, dass die Last der Verantwortung schwer auf ihm lastete. Hierdurch wurde sie vielleicht ein wenig leichter, hoffte sie. „Wenn Du es für eine gute Idee hältst...?“ Sie nickte nur. „Dann regle das, wie Du es für richtig hältst. Ich warte solange im Lager. Wie geht es übrigens Maighdin?“

„Sie ist noch etwas blass, aber bestimmt bald wieder auf den Beinen.“ Sie wusste, dass er sich für Maighdins Erkrankung verantwortlich fühlte. Zwar hatte Masuri ihnen bestätigt, dass die Wirkung der Spaltwurzel längst abgeklungen sein musste, aber er war da nicht so sicher. „Sicher freut sie sich, wenn Du sie mal besuchst und ihr Mut zusprichst.“

„Mach' ich. Es sieht ja wohl so als, als ob wir sowieso nicht vor dem Mittag abreisebereit sind.“

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„Wir werden gerupft werden, wie ein verdammtes Huhn auf einer Katzenhochzeit!“

„Sei endlich still, Byar, es wird schon gut gehen.“ Trotz dieser optimistischen Worte wirkte Dain keineswegs zuversichtlicher als Jaret.

Trom dagegen wirkte nach außen völlig gelassen, genau wie der Asha'man. „Was haltet Ihr von unseren Aussichten, Neald?“ wandte Galad sich fragend an letzteren.

Er zuckte nur leicht mit den Schultern. „Könnte schlimmer sein.“ Wenn der Mann so gelassen war, wie er klang, war er entweder besonders mutig oder besonders dämlich. Vielleicht hatte er auch einfach zu viele Gefahren erlebt, manche Männer verloren dann jede Furcht und wurden unvorsichtig. Dennoch versagte er sich vorerst Hinweise auf die allgegenwärtige Gefahr der Entdeckung. Ein weiteres Paar, das aus einer Sul'dam und einer Damane bestand, kreuzte gerade ihren Weg und sie wichen alle fünf respektvoll zur Seite, wie es anscheinend erwartet wurde. Bisher hatte niemand ihnen nähere Beachtung geschenkt.

„Wie könnte es denn schlimmer kommen?“ murmelte Jaret mürrisch, sobald die beiden vorbei waren. Wenigstens blickte er den beiden Frauen diesmal nicht böse hinterher. „Verdammte Hexen in einem besetzten Amador und Kinder des Lichts werden wie Sklaven gehalten!“ Zwar hob er nicht die Stimme, aber Worte konnten trotzdem gefährlich werden. Sorgsam hielt Galad weiterhin nach möglichen Beobachtern Ausschau.

„Es könnte regnen.“ meinte der Asha'man trocken und Trom schnaubte beleidigt.

„Regen wäre garnicht so schlecht, dann könnten wir unsere Gesichter unter Kapuzen verbergen.“ war sein abfälliger Kommentar. Neald warf ihm einen bösen Blick zu. Der Asha'man war sehr stolz auf die Veränderungen, die er auf ihre Gesichtern gelegt hatte. Diese Anwendung Saidins war dessen neuste eigene Entwicklung. Galad gefiel es nicht besser, als den anderen Kindern, von Saidin berührt zu werden, aber es war nötig, weil man sie hier kannte. Er betete, dass nicht wieder ein Streit ausbrach, wie kurz nach ihrer Ankunft in der Nähe der Stadt. Nun, sich zu unterhalten, war mit Sicherheit unauffälliger, als schweigend einherzumarschieren.

Schließlich konnten sie von einer Brücke aus die zerlumpten Gestalten beobachten, wegen derer sie hier waren. Statt weiß waren ihre Mäntel jetzt zerrissen und schmutzig, während sie sich in den Abwasserkanälen abplagten.

„Das wird ein hartes Stück Arbeit, sie hier rauszuholen.“ Jeder Funken Gelassenheit war aus der tiefen Stimme Troms verschwunden. Wut und Erregung waren jetzt deutlich zu hören.

„Aber es wird gelingen.“ gab er ruhig zurück. „Es muss gelingen. Ich werde Kinder des Lichts nicht in diesem Zustand hier zurücklassen, wenn es einen anderen Weg gibt.“ Als kommandierender Lordhauptmann hatte er keine andere Wahl. Es war seine Pflicht.

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Erschrocken zuckte sie vom Eingang des Zelts zurück, als plötzlich der Vorhang zur Seite schwang.

„Närrisch!“

Erleichtert erkannte sie Lini, die das Zelt sofort wieder hinter sich schloss. Allerdings war die Erleichterung nur von kurzer Dauer, denn sogleich erhielt sie einen energischen Vortrag darüber, warum es keine gute Idee war, seine Nase aus dem Zelt zu stecken, wenn man nicht gesehen werden wollte.

„Wenn Du meine Anweisungen befolgt hättest, dann hättest Du es garnicht gesehen.“ versuchte sie sich zu verteidigen, aber damit goss sie nur Öl ins Feuer, denn Lini hatte sie garnicht gesehen, aber jetzt hatte sie zugegeben, dass sie nach draußen geschaut hatte. Dabei hatte sie nur einen einzigen, kurzen Blick riskiert und es war niemand zu sehen gewesen.

„Ich bin zu alt für so einen Unsinn.“ murmelte die Frau schließlich und ließ sich auf dem Bett nieder.

„Was ist mit Galad? Ist er gegangen?“ fragte sie sofort.

Lini bedachte sie mit einem tadelnden Blick und seufzte, bevor sie antwortete. „Ja, Mädchen. Er ist jetzt in Amador und es gibt nichts, was Du daran ändern könntest.“

„Ich hätte es ihm sagen sollen.“

„Warum hast Du es dann nicht getan?“ fragte Lini scharf und sie fand darauf einfach keine Antwort mehr. „Licht, Mädchen, stell Dich nicht dümmer als Du bist! Du hattest Angst, bist aber zu störrisch, um es auch nur Dir selber einzugestehen! Nun mach schon, gib es wenigstens diesmal zu: Du hattest Angst!“

War es wirklich schon so weit mit ihr gekommen, dass sie Angst vor Galad hatte?, fragte sie sich erschrocken. Volle drei Tage hatte sie sich in ihrem Zelt verborgen, damit sie ihm nicht vielleicht zufällig über den Weg lief. Sie hatte sich eingeredet, dass es besser für ihn wäre, nicht zu erfahren, dass sie noch am Leben war. Schließlich hatte er Eamon Valda in dem Glauben getötet, sie rächen zu müssen. Sie kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass er diese Tat im Nachhinein als falsch empfinden möchte, wenn sie noch am Leben war. Mehr noch, er war jetzt ein Kind des Lichts, ihr kommandierender Lordhauptmann sogar. Ihn banden jetzt starke Eide und es wäre eine Qual für ihn gewesen, sie zu brechen. Sicher hätte er darauf bestanden, an ihrer Seite bleiben zu müssen. Nein, das hatte sie nicht zulassen können. Es war nicht Angst vor Galad gewesen, den sie wie einen Sohn liebte, auch wenn er es nicht war, die sie zurückgehalten hatte. Sie hatte Angst um ihn gehabt – und hatte sie noch.

„So einfach ist es nicht.“ gab sie endlich zurück. „Es hätte ihn innerlich zerrissen.“

„Vielleicht.“ Das gealterte Kindermädchen schien daran zu zweifeln.

„Ganz sicher.“ widersprach sie. „Niemand hätte ihn davon abhalten können, mich auf direktem Weg nach Caemlyn zu bringen, Lini. Seinen beim Licht geschworenen Eid den Weißmänteln gegenüber brechen zu müssen, hätte daran nichts geändert, aber es hätte ihn zerrissen.“ Hätte Tallanvor ihn nicht zufällig zuerst erkannt und sie gewarnt, wäre genau das passiert, davon war sie überzeugt.

„Wenigstens ist dieses nervtötende Versteckspiel endlich zuende.“

„Ich wünschte, ich hätte mit ihm gehen können. Das wünschte ich wirklich.“

„Ha, dann hättest Du Dir mit der Ersten ein Zelt teilen müssen. Das hätte Dir bestimmt nicht gefallen und mir schon garnicht.“

„Berelain ist mit ihm gegangen?“ Das war eine Überraschung. „Wieso denn das?“

„Na, weil sie es jetzt auf ihn abgesehen hat, warum sonst? Unmögliche Frau, ich hoffe, er lässt sich nicht auch noch von ihr einwickeln.“

„Ich habe mich nicht von ihr einwickeln lassen!“ drang plötzlich die energische Stimme Lord Perrins vom Eingang her. Prompt bekamen Linis Wangen ein wenig Farbe. Der Mann hatte bei anderer Gelegenheit bereits deutlich darauf hingewiesen, welche Themen er nicht leiden konnte. „Aber wenn Ihr es schon nicht lassen könnt, Gerüchte zu verbreiten, kann ich dann trotzdem wenigstens nach Maighdin sehen? Wie geht es ihr?“

„Ihr könnt eintreten, Lord Perrin. Es geht mir schon bedeutend besser.“ Zumindest würde er sie eine Weile von Galad ablenken können. Natürlich hatte sie von der Geschichte schon mehrfach gehört, die meisten Schilderungen stellten den Mann in kein besonders gutes Licht. Sie persönlich allerdings fand Tallanvors Version der Ereignisse wahrscheinlicher, als die der anderen. Perrin Aybara war mit Sicherheit stur genug, um in kaltem Schnee auszuharren, bis er beinahe erfror.

Kaum öffnete der Mann den Vorhang, als Lini sich auch schon naserümpfend an ihm vorbei schob. Er seinerseits sah ihr einen Augenblick hinterher, schüttelte leicht den Kopf und trat dann in das Zelt. „Schön, dass es Euch wieder...“ Plötzlich runzelte er die Stirn und verstummte. Seine Augen verrieten Misstrauen, als er sie eindringlich musterte. „Ihr wart nie krank.“ stellte er dann leise fest.

Das konnte er unmöglich wissen! Da hatte sie mühsam Masuri überredet, Stillschweigen zu bewahren – was alles andere als einfach gewesen war – und dann spazierte dieser Mann einfach herein und wusste trotzdem Bescheid, verdammt! Noch während sie verzweifelt nach einer glaubwürdigen Erklärung für ihre Lüge suchte, trat er auf sie zu und ergriff fest ihren Arm.

„Wenn ich eines nicht leiden kann,“ sagte er drohend „dann, belogen zu werden von Menschen, denen ich vertraue. Der letzte Verrat war bitter genug. Ich hätte nie gedacht, dass ausgerechnet Ihr die nächste Verräterin sein würdet. Wer wusste noch davon? Lini mit Sicherheit. Sicher habt Ihr auch Tallanvor dazu gebracht, ständig den Kundschafter zu spielen. Lambgwin, Breane, Meister Gill, wissen sie es alle?“ Sie brachte keine Antwort heraus. Auch ohne seinen festen Griff hätte sie bei diesem Blick keinen einzigen Muskel bewegen können. Licht!, was sollte sie ihm sagen? Wenn er ihre erste Lüge bemerkt hatte, würde er höchstwahrscheinlich auch eine weitere erkennen. Ohne Unterbrechung fuhr er fort. „Balwer? Natürlich weiß er es, der Mann hat Ohren unter seinen verdammten Fingernägeln. Und ich dachte, ich könnte zumindest ihm vertrauen! Hört mir jetzt genau zu und überlegt Euch die Antwort gut, denn ich werde Euch das kein zweites Mal fragen: Wer seid Ihr wirklich und warum habt Ihr gelogen?“

„Ich bin Morgase Trakand und wollte vermeiden, dass Galad mich erkennt.“ Entsetzt riss sie die Augen auf, als sie diese Worte aus ihrem eigenen Mund kommen hörte.



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